Todesfalle Strommast
Vogelschutz an Freileitungen
Unzählige Vögel verunglücken an Strommasten und -leitungen. Besonders betroffen sind größere Arten – Uhu, Weißstorch und Greifvögel zählen zu den regelmäßigen Opfern. Gefährlich sind vor allem Mittelspannungsmasten, die von vielen mittelgroßen und großen Vogelarten als Sitzwarten, Schlaf- und Brutplätze genutzt werden. Durch entsprechende Maßnahmen können „Killermasten“ entschärft werden, was nicht nur aus Sicht des Vogelschutzes notwendig ist. Es passiert immer wieder – ganz besonders in Gegenden mit trockenem, heißem Klima wie im Mittelmeerraum – dass Vögel durch einen Stromschlag in Brand geraten, zu Boden fallen und Waldbrände auslösen.
Gefahren durch Stromleitungen
• |
Kollision mit den Leitungsdrähten. Vor allem nachts ziehende Vögel wie Kraniche, Entenarten, Schnepfenvögel und Rallen, aber auch schlecht manövrierfähige Arten wie Trappen oder Hühnervögel nehmen Stromleitungen nicht oder zu spät als Hindernis wahr. Der Zusammenstoß endet meist tödlich oder verursacht zumindest schwere Verletzungen. |
• |
Tod durch Kurzschluss tritt auf, wenn ein Vogel zwei Drähte mit unterschiedlichen Spannungen berührt. Strom fließt durch seinen Körper und verursacht schwere Verbrennungen und Lähmungen, die zum Tod führen. |
• |
Tod durch Erdung tritt auf, wenn der Vogel eine Verbindung zwischen einer Leitung und dem geerdeten Strommast herstellt. Bei feuchter Luft und geringer Distanz ist auch Funkenüberschlag (Entstehung eines Lichtbogens) möglich. |
Stromschläge werden nicht nur durch direkten Kontakt ausgelöst. Auch über den Harnstrahl der Vögel ist Stromfluss möglich.
Schutzmaßnahmen
• |
Berücksichtigung von ornithologisch bedeutenden Gebieten und Vogelzugrouten bei der Trassenwahl. Wenn möglich, linienartige Infrastrukturen bündeln und Stromleitungen entlang von bestehenden Straßen oder Bahnlinien legen. |
• |
Entschärfung gefährlicher Mittelspannungsmasten. Mittelspannungsleitungen (zwischen 1 und 60 kV) sind relativ vogelsicher, wenn der Abstand zwischen möglichen Sitzplätzen und den Leitungen mehr als 60 cm beträgt. Am besten ist, wenn die Leitungen an langen Hängeisolatoren unterhalb der Querträger (Traverse) verlaufen.
Gefährlich sind:
=> |
Masten mit nach oben stehenden Stützisolatoren. Abhilfe schaffen Abdeckhauben aus wetterbeständigem Kunststoff oder Isolierschläuche an Leiterseilen. |
=> |
Masten, bei denen der Abstand zwischen den Leitungen weniger als 140 cm beträgt. Hier können Vögel durch Isolierschläuche geschützt werden. |
=> |
Masten, deren Leitungen mit kurzen Abspann- oder Hängeisolatoren am Querträger oder am Mastkopf befestigt sind. Solche Masten können entschärft werden, indem die Isolatoren verlängert und der Abstand zwischen den Leitungen und dem Querträger auf 60 cm erhöht wird. „Büschelabweiser“ verhindern, dass sich Vögel an die gefährlichen Stellen setzen. |
=> |
Isolatoren mit Schutzfunkenstrecken (Blitzhörner, Funkenhörner) als Blitzschutz. Die Funkenhörner stehen unter Spannung und verkürzen die Isolationsstrecke. Waagrechte abstehende Blitzhörner werden von kleineren Vögeln häufig als Sitzwarte angeflogen, oft mit tödlichem Ausgang. Abhilfe kann durch das Entfernen der Schutzfunkenstrecken geschaffen werden. |
=> |
Masten mit doppelten Abspannisolatoren zeichnen sich zwar durch eine hohe Belastbarkeit aus, für Vögel sind sie jedoch sehr gefährlich, denn die unter Spannung stehende Verbindungsstücke zwischen den Doppelisolatoren werden regelmäßig als Landeplatz angeflogen. Da der Abstand zu geerdeten Teilen deutlich unter 60 cm liegt, kommt es häufig zu tödlichen Stromschlägen. Schutz ist nur durch umfangreiche Isolation möglich. |
=> |
Schaltermasten, wenn ein Vogel bei geöffnetem Schalter die Schalterlücke überbrücken kann. Am sichersten sind Schaltermasten, bei denen der Schalter unterhalb des Querträgers hängt. Es können auch isolierte Sitzstangen montiert werden oder aber Acrylstäbe über den Schaltern angebracht werden, die ein Hinsetzen der Vögel verhindern. Vergrößerte Polabstände und Isolierschläuche auf den Verbindungen sorgen für zusätzliche Sicherheit. |
=> |
Endmasten und Maststationen, die von Ventilableitern überragt werden. Diese Gefahrenquelle kann vermieden werden, indem der Ableiter unterhalb des Querleiters montiert wird und sämtliche Verbindungen durch Isolierschläuche gesichert werden. |
=> |
Im Idealfall werden Mittelspannungsleitungen unter die Erde verlegt. |
|
• |
Niederspannungsleitungen mit dünnen Kabeln heben sich schlecht vom Hintergrund ab, Vögel stoßen immer wieder mit ihnen zusammen. Am besten werden Niederspannungsleitungen als Erdkabel verlegt oder zumindest als schwarz isolierte Luftkabel geführt, die wesentlich besser wahr genommen werden. |
• |
Bei Hochspannungsleitungen ist das Stromschlagrisiko auf Grund der großen Länge der Isolatoren gering. Von weitaus größerer Bedeutung ist die Kollisionsgefahr. Besonders gefährlich sind Leitungen in einer Mehrebenen-Anordnung mit einem zusätzlichen dünnen Draht zur Ableitung von Blitzen (Nullleiter, Erdseil) oberhalb der Stromleitungen. Abhilfe kann durch Markierung der Leitungen geschaffen werden, wie sie auch zur Kennzeichnung als Flughindernis verwendet werden. Wird der Nullleiter mit senkrecht nach unten hängenden schwarz-weißen Plastikfahnen sichtbar gemacht, kann die Kollisionsrate um über 50 % verringert werden. |
Leitungstrassen
Insbesondere im Wald bedeuten Stromleitungen immer auch Schneisen, in denen die Gehölze in regelmäßigen Abständen gerodet werden müssen. Durch Pflegemaßnahmen entwickeln sich niederwaldähnliche Biotope, deren Sukzessionsphasen von Schlag- und Staudenfluren über Vorwaldstadien bis zu niederwaldähnlichen Formen mit einer Maximalhöhe von etwa 15 m reichen. Wie bei oberirdischen Leitungen müssen auch bei erdverlegten Leitungen Trassen in vielen Fällen gehölzfrei gehalten werden. Die Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte bei den notwendigen Pflegeeingriffen minimiert negative Auswirkungen.
• |
Sorgfältige Trassenwahl – keine Beanspruchung besonders wertvoller Lebensräume. Neben naturschutzfachlichen Aspekten auch die Auswirkungen der Leitung auf das Landschaftsbild berücksichtigen. Bedenken, dass die Öffnung des Waldes Veränderungen des Mikroklimas zur Folge hat und sich dadurch auch auf die an die Leitungstrassen angrenzenden Waldflächen auswirken kann (zB Windkanalwirkung, Sonnenbrand). |
• |
Eingriffe möglichst gering halten. Eine gezielte Entnahme großer Bäume anstelle einer kompletten Schlägerung erhält ein niederwaldähnliches Gehölz. Niederwüchsige Gehölze werden dadurch verschont und langsam wachsende Arten gefördert. |
• |
Abschnittsweise und gestaffelt vorgehen. Die Schaffung von zeitlich versetzten Waldlichtungen wirkt sich positiv auf die Vielfalt von Flora und Fauna aus. |
• |
Schneisensäume abwechslungsreich mehrstufig gestalten - entsprechend einem naturnahen Waldrand.
=> mehr zum Thema Waldränder als artenreiche Lebensräume |
• |
Förderung der Strukturvielfalt durch die Anlage von Kleinstrukturen und Sonderbiotopen wie Totholzhaufen oder Amphibienlaichgewässern.
=> mehr zum Thema Neues Leben aus totem Holz
=> mehr zum Thema Steinhaufen
=> mehr zum Thema Amphibienlaichgewässer anlegen |
• |
Naturnah gestaltete Leitungstrassen sind mögliche als Korridorbiotope im Biotopverbund.
=> mehr zum Thema Problem Landschaftszerschneidung |
Unterlagen / Links
D. Haas & M. Nipkow (2005): Vorsicht: Stromschlag. Empfehlungen zum Vogelschutz an Energiefreileitungen. 2. Aufl., Naturschutzbund Deutschland (NABU), 20 S.,
Download pdf (648 kb)
D. Haas, M. Nipkow, G. Fiedler, R. Schneider, W. Haas, B. Schürenberg (2003):
Vogelschutz an Freileitungen. Tödliche Risiken für Vögel und was dagegen zu tun ist: ein internationales Kompendium. Naturschutzbund Deutschland (NABU),
Download Textteil (499 kb),
Download Bilder (5.340 kb)
D. Haas & B. Schürenberg (Hrsg.) (2008): Stromtod von Vögeln. Grundlagen und Standards zum Vogelschutz an Freileitungen. Stand der Erkenntnisse, Gesetzliche Vorgaben, Internationale Abkommen, Weltweiter Handlungsbedarf. Ökologie der Vögel Band 26, 303 S.
Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Verkehr BAV, Bundesamt für Energie BFE, Eidgenössisches Starkstrominspektorat ESTI & Geschäftsbereich Energie SBB (2009): Vogelschutz an Starkstrom-Freileitungen mit Nennspannungen über 1 kV. 2. überarbeitet Aufl., 20 S.,
Download pdf (1.542 kb)
Avian Power Line Interaction Committee (APLIC) (2006): Suggested Practices for Avian Protection on Power Lines. The State of the Art in 2006, Edison Electric Insitute, APLIC, and the California Energy Commission, Washigton, D.C. and Sacramento, CA.,
Download pdf (6.950 kb)
G. Killer, A. Ringler & S. Heiland (1994): Lebensraumtyp Leitungstrasse. Landschaftspflegekonzept Bayern II.16, Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen und Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), München,115 S.,
Download pdf (3.861 kb)
S. Aberle & E. Partl (2005): Nachhaltiges Trassenmanagement. Schriftenreihe der Forschung im Verbund 91, Österreichische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft, Wien, 257 S., Download auf
docplayer.org